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Von Muay Thai Mekka an die Basis – Mein erster Festival Fight

Wer rastet der rostet, deshalb bin ich nur Stunden nach meiner Rückkehr aus Bangkok wieder auf reisen. Es geht raus aufs Land an die Basis des Muay Thai. Im Minibus, der für 9 Leute ausgelegt, aber mit 16 Personen leicht überbelegt ist, geht es über die Landstraßen. Wir fahren ca. 45 Min und müssen uns sogar zum Zielort durchfragen.

Heute geht es zu einem Festivalfight. Tony meinte im Vorfeld zu mir, dass es sich dabei um die unverfälschte Basis des Muay Thai handelt. Bei solchen Versprechungen kann ich natürlich nicht nein sagen und habe ohne zu zögern meine Zusage gegeben. Mein Herz schlägt höher, in der Erwartung dieses Event und den Kontrast zu den Highclass-Shows in Bangkok zu sehen.

Am Festivalort angekommen, keimen in mir die Gefühle eines normalen Volksfestes wie ich es aus der Kleinstadt meiner Jugend kenne. Eine freie Wiese irgendwo in Dorf- bzw. Stadtnähe. In einer Ecke finden sich Gastrostände, dazu eine Tanzfläche usw., den Unterschied macht ein großer, gut ausgeleuchteter Ring. Auf der großen Tanzfläche spielt eine Liveband eine Mischung aus Thaifolklore und westlichen Hits. Bei den Hits wird einfach der Gesang weggelassen, denn englisch spricht hier fast niemand. Bis auf uns mitgereiste Muay Thai Fans, ist das Festival fest in der Hand der Thais. Was mich sehr verwundert, dass trotz der Abwesenheit von Farangs die Bühne voll mit sehr sehr knapp bekleideten Frauen ist. In etwa 10-12 Damen stehen dort der Dorfgemeinschaft in Miniröcken und Highheels zum Tanz zur Verfügung. Dieses Schauspiel erinnert mich an die Amüsiermeilen von Pattaya oder Phuket, aber bestimmt nicht an den Norden. Zum Glück ist der Ring weit von der Tanzfläche entfernt und die Kämpfer werden nicht durch die Mädels abgelenkt. :-)

Da es hier wieder Programmhefte noch Tafeln gibt, kann ich nur raten wie viel Kämpfe es waren. Ich schätze sieben inklusive der zwei Kinderkämpfe. Für das Lanna Gym standen der elfjährige Jok und Nueng in Ring. Nuengs letzter Kampf LINK war nach wenigen Sekunden vorbei, ob es heute eine Wiederholung gibt? Da ich zum Filmen eingeteilt bin, habe ich kein Problem damit weniger zu arbeiten.

Wir suchen uns einen Platz zum Vorbereiten und machen Jok fertig für seinen Kampf. Er hat den ersten Kampf und wir sind spät dran. Im Ring angekommen, entwickelt sich sein Kampf nicht wie erhofft. Er wirkt abwesend und kann sich nicht auf seinen Gegner einstellen. Die 5 Runden vergehen und der Sieger kommt nicht aus unserer Ecke. Für diesen Gegner hatte Jok kein Rezept parat und man hatte das Gefühl, dass es nicht sein Tag ist. Doch er ist ein kleiner Junge und zehn Minuten nach dem Kampf springt er wieder um mich herum und macht Späße.

Nueng hat den Hauptkampf und jetzt kommt das erste Mal so etwas wie Stress auf. Der Kampf vor uns, ist mit einem KO in der erste Runde viel zu schnell vorbei. Tony und BigNueng präparieren Nueng noch, da sitzt der Gegner schon ruhig in seiner Ecke. Der Gegner wirkt alt und untrainiert. Im Gegensatz zu allen anderen Kämpfern des Abends bringt er einen kleinen Bauch mit in den Ring. Ich will sofort 1000 Baht auf Neung wetten, doch leider habe ich das Wettsystem noch nicht ganz verstanden. Als sich beide Kämpfer dem Wai Khru hingeben, wird der Unterschied nochmals deutlich. Nueng ist ein junger Wilder mit einem beachtlichen Oberkörper. Man könnte meinen, dass er zu viel Zeit im Fitnessstudio verbringt. Sein Gegner hat die 30 schon hinter sich gelassen. Er soll mehr als 200 Kämpfe auf dem Buckel haben. Es kommt zum Kampf zwischen Erfahrung und Fitness. Wer wird den Sieg mit nach Hause nehmen?

Die Glocke schlägt und kurz danach schlagen auch Nuengs harte Fäuste ein. Er ist ein Puncher, der mit gezielten und sehr harten Schlägen seine Gegner in die Knie zwingt. Die Fäuste treffen auch in diesem Kampf ihr Ziel, doch sie verfehlen ihre Wirkung. Sein Gegner nimmt zwei Runden alles mit und man hat schon fast Mitleid mit ihm. Aber ein Kampf hat 5 Runden und die ersten Runden spielen auf den Punktzetteln kaum eine Rolle. Ebenso werden Schläge in Thailand schlecht bis gar nicht gewertet. Der Kampf fängt also ab der dritten Runde erst an. Zu unserer Verwunderung nutzt Nuengs Gegner diesen Umstand intelligent aus. Ab jetzt finden sich beide im Clinch wieder und er kann mit Knien punkten. Knie im Clinch liefern hier immer Punkte und durchs Nuengs Inaktivität beginnt sich der Kampf langsam zu drehen. Nueng will gegenhalten aber findet kein Mittel und zeigt seine Verzweiflung offen. Die dritte und vierte Runde gehen klar an seinen Kontrahenten, der den Kampf im Clinch bestimmt. Die fünfte Runde ist generell etwas lockerer und Nueng bringt noch zwei schöne Kicks und einen Wurf unter. Reicht das für einen Sieg? Mit der typisch kurzen Geste zeigt der Ringrichter die rote Ecke und damit Nuengs Gegner als Sieger an. Der Clinch in Thailand erfordert Leistung. Genau dort hat es heute gefehlt.

Der Kampf endet kurz vor 24 Uhr. Die Ausgangssperre steht kurz bevor. Wir packen unsere Sachen und treten die Heimreise an. Jok schläft auf meinem Schoß ein und ich gebe ihm die Wärme die er sonst nie hat.

 

3 thoughts on “Von Muay Thai Mekka an die Basis – Mein erster Festival Fight

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